Nach langem Hin und Her setzt unser VfL nun also am 16.05. die Saison ohne Zuschauer gegen Heidenheim fort. Von Seiten der Verantwortlichen, sowohl der DFL als auch der Vereine, wird uns Fans das als lang ersehntes, nun erreichtes Ziel angepriesen. Aber ist es das? Wir sehen das anders.
Es ist offensichtlich, dass die wenig durchdacht und übereilt wirkende Fortsetzung der ersten beiden Ligen kein Geschenk an die Fans ist, sondern einzig und allein aus finanziellen Nöten geschieht. Die Clubs sind derart abhängig von den immensen TV-Geldern geworden, dass jetzt ohne Rücksicht auf die Gesundheit von Spielern, Trainern, Vereinsangestellten sowie deren Familien die Saison auf bizarre Art und Weise fortgesetzt werden soll.
Es ist nachvollziehbar, dass die hohen Kosten eines Bundesligaclubs gedeckt werden müssen. Andererseits haben die Vereine -nichts anderes ist die DFL im Grunde- selbst das Rad immer weiter gedreht, um die TV-Kuh möglichst bis auf den letzten Tropfen zu melken. Absurde Ablösen und Gehälter werden für mittelmäßige Spieler gezahlt. Genau das fällt dem System jetzt auf die Füße. Ironischerweise reagierten viele Clubs zunächst mit Kurzarbeit für die regulären Angestellten, bevor dann auch Lizenzspieler und die Managements öffentlichkeitswirksam auf (meist anteilig kleinere) Teile des wahrscheinlich weit üppigeren Gehalts verzichteten. Das ist für Otto-Normal-Fan, der vielleicht selbst unter entsprechenden Maßnahmen leidet, schwer nachzuvollziehen. Wie glaubwürdig ist es für den Kurvengänger mit Durchschnittsgehalt, dass sein Verein, bzw. Inzwischen ja meist seine GmbH, KGaA oder AG, die unterm Dach des größten und wohlhabendsten Sportverbandes der Welt kickt, nun so akut gefährdet sein soll, dass das unwürdige Procedere von Geisterspielen unvermeidlich ist?
Was zum nächsten Punkt führt, der übel aufstößt: Fußball ohne Fans. Astronomische TV-Gelder und somit Gehälter in der gesamten Branche würden ohne Fans in den Stadien nicht existieren. Die Faszination eines Fußballspiels für den Zuschauer hängt neben dem sportlichen Aspekt zu großen Teilen von der Atmosphäre im Stadion ab. Nun soll, um genau diese Maschinerie am laufen zu halten, Fußball ohne genau die Fans stattfinden, die für diese Atmosphäre sorgen. Für wie austauschbar Verband und Vereine die Fans teilweise halten, zeigt sich an absurden Vorhaben wie dem Aufstellen von Pappfans im Stadion über Apps, die Stadionsound generieren sollen bis zu virtuellen Zaunfahnen an LED-Banden. Wenn man so will hat die Corona-Krise DFB und DFL also ohne großen Umweg genau die Fans beschert, die gewünscht sind. Daran werden wir uns nicht beteiligen.
Zu viele Fragen bleiben offen, um guten Gewissens zurück zur Tagesordnung überzugehen. Wird nicht der gesamte Wettbewerb durch drohende (und bereits jetzt umgesetzte, siehe Dresden) Quarantänen verzerrt? Bestehen Anreize für die Vereine, eventuell positive Tests unter den Tisch fallen zu lassen, um weiter am Spielbetrieb teilnehmen zu können? Erwartet die Ligen eine enorme Klagewelle von Clubs, die unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eventuell ab- oder nicht aufsteigen, Meisterschaften verpassen oder nicht in internationale Wettbewerbe kommen? Kann tatsächlich nachgewiesen werden, dass die Tests der Spieler tatsächlich keine Kapazitäten für die Bevölkerung reduzieren? Wollen Spieler momentan überhaupt trainieren und spielen, oder tun sie dies nur aus Angst um ihre Verträge?
All diese Faktoren haben uns dazu bewogen, rund um die anstehenden Geisterspiele nicht aktiv zu werden. Wir rufen alle anderen VfL-Fans dazu auf, es ebenso nicht zu tun. Zum einen, um dem überzüchteten Business nicht nur als Deko zu dienen, zum anderen schlicht auch, um die Eindämmung des Virus nicht zu gefährden. Verfolgt die Spiele zuhause im kleinen Kreis, trefft Euch nicht rund ums Stadion, so schwer es auch fällt. Verzichtet bitte auf Aktionen, (Zaun-)Fahnen, etc. im Stadion. Die kommenden Spiele werden trostlose Veranstaltungen, die das Fußballbusiness sich selbst eingebrockt hat. Genau so sollen sie auch aussehen.
Wer den VfL unterstützen möchte, kann das natürlich gerne durch einen Einkauf im Fanshop oder den Erwerb eines Geisterspieltickets tun. Das Stadion sollte genau so trostlos aussehen, wie es der Situation entspricht.
Die Aufgabe, eine Lösung für das ganze Dilemma zu finden, liegt nicht bei uns Fans. Aktive Fans haben die bestehenden Strukturen seit langem kritisiert und wurden dafür belächelt oder gar angefeindet. Jetzt ist es an den Funktionären den Fußball wieder auf die Spur zu kriegen.
Ultras Bochum 1999